Predictive Policing (vorhersagebasierte Polizeiarbeit) soll der Polizei helfen vorherzusagen, wo und von wem zukünftig Straftaten begangen werden.
Das klingt nach Science-Fiction, ist aber in vielen Ländern der Welt – auch in Deutschland – schon Wirklichkeit. Dabei kann die Privatsphäre verletzt werden oder ein großer Personenkreis fälschlich unter Verdacht geraten. Diskriminierungen können verstärkt werden, falls den dafür genutzten Datenbanken Vorurteile zugrunde liegen.
Unterschieden wird zwischen orts- und personengebundenen Systemen. Ortsgebundene Systeme werden vor allem zur Prävention von Wohnungseinbruchsdiebstählen verwendet. Oft werden dafür nur Daten über begangene Einbrüche (Ort, Zeit, Tatumstände) aggregiert, um Routen für Streifenfahrten zu berechnen. Komplexere Systeme sammeln aber auch Informationen über die Einwohner- und Gebäudestruktur, die Verkehrsanbindung, die Kaufkraft der Einwohner und die Anzahl von Migranten erfasst.
Personengebundene Systeme verarbeiten personenbezogene Informationen der Täter (bzw. teilweise auch potenzieller Opfer). Grundlage hierfür sind in der Regel polizeiliche Daten. Genutzt werden aber auch Daten Privater. So werden beim Abgleich nach dem Fluggastdatengesetz (FlugDaG) Luftfahrtunternehmen verpflichtet, Fluggastdaten an die Behörden zu übermitteln. Das Bundeskriminalamt überprüft diese ähnlich wie bei der Rasterfahndung nach verdächtigen Mustern.
Die Funktionsweise ist mancher Systeme nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Polizei nicht immer nachvollziehbar.
Einige Softwaresysteme sind bereits im Einsatz oder werden getestet. In Deutschland sind sowohl ortsgebundene als auch personenbezogene Systeme im Einsatz. Hierzu gehört z.B. das in Nordrhein-Westfalen eingesetzte ortsbezogene System SKALA oder die Systeme RADAR-iTE und RADAR-rechts, mit dem das BKA die Gefährlichkeit von sogenannten „Gefährdern“ beurteilen will. Auch Anwendungen, die auf dem Programm „Gotham“ der Firma Palantir beruhen, werden oft als Predictive Policing-Systeme verstanden. Hier werden in Hessen (hessenDATA), NRW (DAR) und Bayern (VeRA) Anwendungen eingesetzt oder erprobt. Es handelt sich dabei um eine Art Meta-Suchmaschine, die Daten aus verschiedenen Datenbanken miteinander verknüpft. Werden sehr viele Datenbanken miteinander verknüpft, lässt sich mit der Software ein annähernd komplettes Persönlichkeitsprofil erstellen. Während in Deutschland hierfür primär polizeiliche Datenbanken verknüpft werden, fallen in Amerika alle denkbaren Behörden vorliegenden Daten in einen Topf.
Laufend werden neue Systeme entwickelt und neue, oft nicht überprüfbare Datenbanken bereitgestellt. Amnesty beschäftigt sich daher auch damit, ob durch die Algorithmen und die verwendeten Datenbanken die Menschenrechte verletzt werden und wie deren Einhaltung gewährleistet werden kann.
Der Film PRE-CRIME (https://www.amnesty.de/informieren/kultur/dokumentarfilm-pre-crime) gibt Einblicke in die Methoden des “Predictive Policing“.